Chronik

30Jahre- 1989bis 2019 www.schalke-fanclub.de Mittendrin: Mitglieder des Schalke Fanclubs „Wir lassen die Sau raus“ in der Nordkurve der Arena„Auf Schalke“. FOTO: JÜRGEN KRÜGER WIR LEBEN DICH Fanclub FC Schalke 04 “WIR LASSEN DIE SAU RAUS” HILLE e.V. Mitglied im Schalker Dachverband Nr. 55 3. Auflage (bis Saison 2019/20)

4 Impressum Herausgeber Schalke 04 Fanclub„Wir lassen die Sau raus“ e.V. www.schalke-fanclub.de 1.Vorsitzender Holger Finke Zur Kloppenburg 2 32469 Petershagen Telefon (0 57 04) 1 63 10 E-Mail: finke.ol@t-online.de Geschäftsführer Andreas Mayer Brandheideweg 5 32369 Rahden Telefon (0 57 71) 9 48 90 E-Mail: andreas.mayer@schalke-fanclub.de Konzept & Layout Diplom Volkswirt Jürgen Krüger Freier Redakteur www.juergen-krueger.de 3. Auflage im August 2020 Fotos: Jürgen Krüger, Andreas Mayer, Privat. Texte„Das passierte Auf Schalke“: Wikipedia Alle Rechte vorbehalten. Nachdruck, auch in Teilen, nur mit der Erlaubnis des Herausgebers.

5 Ein Leben lang . . . Als sich der Schalke 04 Fanclub „Wir lassen die Sau raus“ 1989 gründete, ahnten die Gründungsmitglieder sicher nicht, dass es diesen tollenFanclub in25 Jahren noch geben würde. Und nicht nur das: Der Fanclub ist gewach- sen und steht im Jubiläumsjahr 2014 glänzend da. Im Interview nehmen die drei Gründungsmitglieder Holger Finke (1. Vorsitzender), Andreas Mayer (Geschäftsführer) und Andreas Noch (Kassierer) Stellung. Was fasziniert dich am FC Schalke 04? HOLGER FINKE: Mich fasziniert der einmalige Zusammenhalt der Fans und die tolle Stimmung im Stadion, die mich als Schalke-Fan immer wieder beeindruckt. Schalke 04 ist für mich ein Mythos und ein Traditionsverein mit vielen schönen und schmerzlichen Erinnerungen. Der Spruch von unserem langjährigen Vereinswirt Dieter Gieselmann sagt eigentlich alles: Ein Samstag ohne Schalke ist wie ein Bett ohne „Alte“ ! ANDREAS MAYER: Der FC Schalke 04 ist mehr als nur ein Verein, eine Religion, ein Mythos, eine Herzensangelegenheit. Für mich ist er aber auch wie eine große Familie. Jeder ist für jeden da. Wir feiern, singen, tanzen und trauern gemeinsam. Das Alter spielt dabei keine Rolle. Egal, wo man auch hinkommt, überall sind mittlerweile Gleichgesinnte. Eine herz- liche Begrüßung mit einem „Glückauf“. Das bringt Lebensfreude in den Alltag. Dieser wird durch den blau-weißen Virus viel erträglicher. Ich bin stolz, ein Teil dieser großen Familie zu sein. ANDREAS NOCH: Gar nicht so einfach. Erst einmal auf jeden Fall ist es der große Zusammenhalt unter den Fans und vor allem auch deren Menge. Obwohl mein Gefühl sagt, dass dieser Zusammenhalt in meiner Fananfangs- zeit in den Siebzigern noch größer und vor allem anders war. Die Anzahl der Fans und Vereinsmitglieder war damals viel geringer, und durch den Bundes- liga-Skandal Ein starkes Team: Fanclub-Geschäftsführer Andreas Mayer (v.l.), Kassierer Andreas Noch und Vorsitzender Holger Finke. FOTO: JÜRGEN KRÜGER

6 gab es auch keine Sympa- thisanten. Entweder man liebte oder hasste den S04. Wir Fans nannten uns nicht umsonst die Ruhrpottkanacken. Auch hatten wir mit der Gelsenszene eine starke und gefürchtete Hooligan- Truppe. Die größte Faszination übt aber dieser Mythos aus. Ich glaube, kein anderer Verein lebt auch heute noch so von und auch mit seiner Vergangenheit. Und Vergangenheit fasziniert mich auch in anderen Bereichen. Ich glaube auch, dass diese Faszination ein wenig verloren geht, wenn wir endlich die „Deutsche Meisterschaft“ holen würden. Wir würden noch mehr neue Fans dazubekommen. Dabei können die meisten heute 20-jährigen schon gar nichts mehr mit dem Mythos und den damals dazugehörigen Gefühlen anfangen, weil sich auch Schalke ab den Neunzigern immer mehr kommerzialisierte und so doch schon vom damaligen Malocherclub ein ganzes Stück weggekommen ist, obwohl das heute immer noch so betont wird Wie bist du Schalke-Fan geworden? HOLGER FINKE: Ich bin Schalke-Fan geworden, als Schalke 04 am 1. Juli 1972 im Pokalendspiel in Hannover mit 5:0 gegen Kaiserslautern gewonnen hat. Damals war ich mit meinem Vater und meinem Onkel zusammen live im Stadion dabei und kann mich noch dunkel an dieses Spiel erinnern. Da mein Vater Schalke-Fan war und mein Onkel Kaiserslautern, musste ichmich damals entscheiden, zu welchem Verein ich mich mehr hingezogen fühlte. Es dauerte nicht lange, dann habe ich mich für den geilsten Club der Welt, dem FC Schalke 04, entschieden und habe es nie bereut. ANDREAS MAYER: Mein Vater hat mir früher oft Geschichten von Schalke erzählt. Dabei leuchteten ihm immer die Augen. Er hatte Frisör gelernt. Und viele Leute waren nach dem Krieg aus dem Ruhrgebiet aufs Land gezogen. Viele davonwaren auch seine Kunden. Diese und sein Lehrmeister waren von der Schalker Geschichte begeistert. Seit meinem 9ten Lebensjahr hat es dann auch mich erwischt. Mein erster Schalke-Wimpel ist von 1977, Schalke wurde da Vizemeister. Außerdem wechselte mein Cousin Volker Möhring damals zum Bayern-Fan, so dass ich seine Fansachen von Schalke übernommen habe. Von da an trug ich „Blau und Weiß“ und Schalke in meinem Herzen. Als Schalker war ich früher doch oft ein Einzelgänger, ob in der Schule oder beim Sportverein. Aber heute ist alles anders. Ich bin umgeben von Blau-Weißen, und das ist auch gut so. ANDREAS NOCH: Eigentlich ganz lustig. Damals lief bei uns samstags nachmit- tags im Radio schon die Übertragung aus der Fußball-Bundesliga. Die wurde zu der Zeit aber erst ab der 2. Halbzeit gesendet, zumindest bei Radio Bremen, den mein Vater immer hörte. Das erste Spiel, welches mir dauerhaft in Erinne- rung geblieben ist, war 1971 Borussia Mönchengladbach gegen Arminia Bielefeld 0:2, eine Riesenüberraschung. Aber beim Ergebnisvorlesen fiel mir immer wieder ein Verein durch seinen geilen Klang auf: SCHALKE ! So fing ich an, mich für diesen Verein zu interes- sieren. Und da sie damals auch noch eine Supertruppe hatten – Vizemeister 1971/72 und Pokalsieger 1972 – war es um mich geschehen. Diese Mannschaft ist bis heute meine Schalker Lieblings- Truppe. Warumengagierst du dich für den Schalke-Fanclub „Wir lassen die Sau raus“? HOLGER FINKE: Weil mir die Arbeit mit dem Fanclub-Vorstand und den Mitglie- dern Spaß macht und wir schon Jahre lang zusammen viele schöne Stunden erlebt haben. Der Verein ist mir ans Herz gewachsen, weil ich schon seit der Gründung vor 25 Jahren mit dabei bin und ich mit so vielen Vereinsmitgliedern ein gutes Verhältnis aufgebaut habe. Ein besonderer Dank gilt natürlich meinen langjährigen Wegbegleitern Andreas Mayer und Andres Noch für die supertolle Zusammenarbeit. ANDREAS MAYER: Ich hatte schon immer Spaß am Organisieren. Schon früh plante ich, bevor wir dem Fanclub beitraten, mit der sogenannten Frot- heimer Riege Busfahrten auf Schalke. Anstatt damals einen eigenen Fanclub zu gründen, hat sich die sogenannte Frotheimer Riege den Hiller Säuen angeschlossen. Seit über 24 Jahren organisiere ich schon Veranstaltungen für unseren Schalke Fanclub Hille. Als Geschäftsführer stehe ich schon seit 23 Jahren in der Verantwortung. Es war nicht immer leicht, die fröhliche Sau in unserem Fanclub unseren Mitgliedern beizubringen. Emotionen fröhlich und gewaltfrei auszuleben, davon waren wir anfangs ein Stück von ab. Das forderte mich als Vorstand heraus. Eine interessante Aufgabe, die wir gemeinsam gut gelöst haben. Für mich war es immer wichtig, Jung und Alt unter einen Hut zu kriegen. Und schön ist es auch, immer wieder ein tolles Team um mich herum zu haben. Gemeinsam etwas zu unternehmen, dafür stehe ich ein, und deshalb macht mir meine Aufgabe im Fanclub immer noch richtig Spaß. ANDREAS NOCH: Ich habe den Fanclub mit aufgebaut. Es macht, zumindest meistens, Riesenspaß! Wir haben im Vorstand immer tolle Truppen gehabt, auch gerade jetzt wieder, und dann macht man diese ehrenamtlichen Ar- beiten auch gerne. Außerdem habe ich durch meine Vorstandsarbeit schon so viele neue, tolle Menschen und Ich bin umgeben von Blau-Weißen, und das ist auch gut so.

7 Orte und Gegenden kennengelernt, da wäre ich sonst nie hingekommen. Was wünschst du dir von den FanclubMitgliedern? HOLGER FINKE: Ich wünsche mir von meinen Fanclub-Mitgliedern, dass alle sich respektieren und verantwortungs- voll miteinander umgehen, so wie es in den letzten Jahren gewesen ist. Ich hoffe, dass die schlechten Zeiten - wie damals mit Randale und persönlichen Auseinandersetzungen von unseren Mitgliedern - nicht wieder zurück- kommen. Wir sollten immer an unser Motto denken:Wir wollen uns Freundemachen und niemanden vor den Kopf stoßen! ANDREAS MAYER: Wir wollen uns Freunde machen und niemanden vor den Kopf stoßen. Dieses Motto hat sich unser Schalke Fanclub schon früh ge- geben. Genau das wünsche ich mir von unseren Mitgliedern. Schön ist es, wenn wir als Verein auch an unserem Vereins- sitz in Hille den Zuspruch der Gemeinde haben und bei Veranstaltungen zur Dorfgemeinschaft gehören. Dafür ist eine positive Außendarstellung sicherlich sehr hilfreich. ANDREAS NOCH: Wir haben nun fast 400 Mitglieder; dass da nicht alle aktiv dabei sind, ist klar. Aber auch von unseremharten Kern, so rund 40 Fans, kommt immer noch zu wenig, wenn es darum geht, zum Beispiel neue Ideen einzubringen, uns bei Veranstaltungen zu unterstützen und so weiter. In den letzten ein bis zwei Jahren hat sich dies jetzt schon deutlich gebessert, aber imEndeffekt bleibt doch das Meiste am Vorstand hängen. Siehe zum Beispiel dieses Buch: Ich glaube, trotz wieder- holter Aufforderung beinhaltet es nur ein oder zwei Fremdbeiträge. In solchen Dingen hat der Fanclub noch Potenzial nach oben. Wo siehst du den Fanclub in zehn Jahren? HOLGER FINKE: Ich glaube, wir sind mit unserem Fanclub auf einem guten Weg und werden auch die nächsten Jahre in eine gute Zukunft blicken können. Das Vereinsleben hat Zukunft, weil wir viele junge Mitglieder haben und wir auch in unserem Vorstand nach und nach verjüngt haben. Außerdem haben wir ständig steigende Mitgliederzahlen von jungen Leuten und stehen finanziell gut da. Wir als Fanclub haben für die nächsten zehn Jahre einige Ziele - endlich mal wieder „Deutscher Meister“ zu werden und ein langes Leben für unseren Verein: Wir lassen die Sau raus! ANDREAS MAYER: Ich mache mir um die Zukunft unseres Fanclubs keine Sorgen. Wir als Vorstand sind gut aufgestellt und haben die Weichen für unsere Zukunft gestellt. Gute, junge Leute im Vorstand fördern und langsam heranführen, sind wichtige Aufgaben für jeden Verein. Ich denke allerdings nicht so weit im voraus; vor 25 Jahren hätte auch niemand geglaubt, dass dieser Fanclub immer noch lebt, und das Jahr für Jahr. Ich danke allen im Fanclub für diese tolle Zeit, die mir vom Verein geschenkt wurde. Ein besonderer Dank geht auch an meine Familie, die in guten und schlechten Zeiten zu mir steht. ANDREAS NOCH: Dies ist eine schwierige Frage. Grundsätzlich würde ich sagen, sind wir ganz gut aufgestellt, auch was das Finanzielle angeht. Der Vorstand ist gut eingespielt, wird aber meiner Meinung nach zumindest in den Führungspositionen keine zehn weiteren Jahre mehr so besetzt sein, vielleicht bis auf Taube, was aber auch das Wichtigste wäre, da er der Kopf des Fanclubs ist. Der Fanclub ist sein Baby. Dann wäre noch der Verein Schalke selber. Es wird alles immer mehr durchorganisiert: Hauptverein, Dachverband, Fanclub. Man kann als normaler Fan ohne eine Mitgliedschaft bald nichts mehr selbst erreichen, bekommt wahrscheinlich nicht mal mehr Auswärtskarten. Man muss abwarten, wo dieser Weg hinführt. Solche Dinge werden mit Sicherheit auch Einfluss auf unseren Fanclub nehmen. Wir haben jetzt schon viele Mitglieder, die dies nur wegen der Tickets geworden sind, aber am eigentlichen Vereinsleben nicht teilnehmen. Finanziell wirken sich solche Karteileichen zwar für den Fanclub positiv aus, ist ja aber eigentlich nicht Sinn der Sache. Positiv hervorzuheben ist, dass jetzt wieder eine Fanclub-Fußballmannschaft ins Leben gerufen wurde. Dies wird unserem Vereinsleben wieder einen Kick geben. Hoffentlich bleiben sie am Ball. Wir wollen uns Freunde machen und niemanden vor den Kopf stoßen.

8 9. September 1988 In der Erwartung eines positiven Ausgangs stellt Präsident Günter Siebert überraschend auf der Jahreshauptversammlung die Vertrauensfrage. Die Mehrheit stimmt knapp gegen ihn. Er tritt zurück. 16. Januar 1989 Der Klinikbesitzer Günter Eichberg wird mit einer überwältigenden Mehrheit der Jahreshauptversammlung ins Präsidentenamt des FC Schalke 04 gewählt. Es beginnt die Ära des „Sonnenkönigs“. 15. Februar 1989 Eichberg gründet die Schalke 04 Marketing GmbH. Er ist alleiniger Gesellschafter der neuen Marketing GmbH, sein neuer Geschäftsstellenleiter Dr. Heinz-Helmut Wehrmann ist Geschäftsführer. April 1989 Helmut Kremers wird neuer Manager, Günter Eichbergs Wunschkandidat Peter Neururer wird Trainer. Mit Neururer hält der FC Schalke 04 die Klasse. 1989/1990 Mit Alexandr Borodjuk undWladimir Ljuty kauft Schalke als erster deutscher Club Spieler aus der damaligen UdSSR. Im August 1989 trafen sich im Dorfkrug Südhemmern einige Schalke-Fans. Diese beschlossen einen Fanclub zu gründen. Per Anzeige in der Zeitung wurde die Gründungsversammlung zum 11. September 1989 bekanntgegeben. Der Fanclub wurde an diesem Tage offiziell von 18 Schalke-Verrückten gegründet. Unser Vorsitzender Wolfgang Stratenwerth gab dem Fanclub den Namen „Wir lassen die Sau raus“. Damit diesen Spruch keiner missversteht, gaben wir später den Beinamen „Wir wollen uns Freunde machen, niemanden vor den Kopf stoßen“ dazu. Nachdem sich die Clubmitglieder am Anfang noch sehr unregelmäßig trafen, wurde schon Anfang 1990 der FanclubStammtisch eingerichtet. Man traf sich jetzt jeden Monat, denn viele Menschen wollen nicht nur gute Fußballspiele sehen; sie suchen auch das gesellige Miteinander und den Gedankenaustausch mit Gleichgesinnten. Dies trugmaßgeblich zu einer besseren Verständigung unter den Mitgliedern, die aus dem ganzen Kreis und dem angrenzenden Niedersachsen zu uns kamen, bei. Man spricht auch von einem großen Beliebtheitsgrad unseres Fanclubs. Am 11. Dezember schloss sich die sogenannte Frotheimer Riege auf unserer ersten Weihnachtsfeier dem Fanclub an, so dass unser Club nun schon 37 Mitglieder stark war. Dem SFCV traten wir am 1. November1989 bei. Unsere erste Busfahrt fand zum Spiel Schalke gegen Wattenscheid (1:1) am 24. Februar 1990 statt. Es war Karneval, so dass wir diesen ersten Punkt, blau-weiß bemalt, so richtig feiern konnten. Nur das Busunternehmen Bremmert hatte dafür kein Verständnis. Schon im April 1990 nahmen wir am ersten Turnier vom Schalker Dachverband in Wesel teil. Dieses war allerdings nur möglich, da Andreas Noch, Andreas Mayer und Uwe Lamparski den Schalkern ins Trainingslager nach Florida gefolgt sind und den damaligen Geschäftsführer vom Dachverband, Thomas Holtz, kennenlernten. Von nun an hatten wir einen guten Draht nach oben. Unser Fanclub wird Vize-Fußballmeister des Schalker Fanclub-Verbandes. Mit viel Mühe und Engagement hat der Fan-Club aus Wesel das Hallenmasters des SFCV ausgerichtet. Thomas Holtz zeigte sich von der perfekten Organisation sehr beeindruckt. In der herrlichen Rundsporthalle kämpften 16 Mannschaften über acht Stunden um den begehrten Pokal. Nach spannenden Spielen kam es zum Finale zwischen dem Vorjahressieger aus Bonn und uns als Außenseiter aus Hille. Unser Fanclub aus dem Weserbergland mit seinem eigentümlichen Namen „Wir lassen die Sau raus“ kämpfte bis zur letzten Minute, musste sich aber am Ende mit 0:2 geschlagen geben. Ab dann zogen wir von Ort zu Ort, um an etlichen Turnieren im Kreis Minden-Lübbecke teilzunehmen. Auch sind wir den Einladungen aus Wesel, Bonn, Wennemen, Freckenhorst, Sabbenhausen, Horn-Bad Meinberg und Gelsenkirchen gerne gefolgt. Es wurden sogar Trainingsabende angesetzt, um unsere Mannschaft bei Laune zu halten. Die Mannschaftsbetreuung übernahm Andreas Mayer. Ebenfalls organisierte er die Busfahrten. Party mit Pokal macht doppelt Spaß. Das Turnierteam: Alexandra Schmidt (hinten v.l.), Stefan Schlüter, Michael Kütemann, Stefan Rose, Frank Wellpott; Carsten Döding (vorne v.l.), Uwe Lamparski, Andreas Mayer, Andreas Noch. 1990 Das passierte„Auf Schalke“ 2. Bundesliga Platz Verein Tore Punkte 1. Hertha BSC Berlin 65:39 53 2. Wattenscheid 09 70:35 51 3. 1. FC Saarbrücken 58:33 46 4. Stuttgarter Kickers 68:48 45 5. FC Schalke 04 69:51 43 6. Rot-Weiß Essen 49:46 42 7. Eintracht Braunschweig 55:51 39 8. Hannover 96 53:43 38 9. Blau-Weiß 90 Berlin 46:52 37 10. MSV Duisburg 50:58 37 11. SV Meppen 47:57 36 12. Preußen Münster 45:65 36 13. SC Freiburg 53:52 34 14. Fortuna Köln 48:60 34 15. VfL Osnabrück 58:69 33 16. Darmstadt 98 43:55 33 17. Hessen Kassel 35:64 33 18. SpVgg. Bayreuth 54:59 31 19. Alemania Aachen 52:63 30 20. SpVgg. Unterhaching 43:61 29 Saison 1989

9 Schön warm hatten es die Schalker Mannschaft und ein Teil des Fanclubs im Januar 1990 im Trainingslager in Florida/ U.S.A. Eine Traumreise nach Florida erlebten die Schalke-Fans zusammen mit der Schalker Mannschaft im Winter-Trainingslager von Miami Beach. Unter den Fans waren auch unsere Fanclub-Mitglieder Uwe Lamparski, Andreas Noch und Andreas Mayer (Mannschaftsfoto). Sie sorgten mit weiteren 80 Schalke-Fans bei den Freundschaftsspielen gegen USA 0:1, Kolumbien 0:1, eine Miami-Auswahl 12:1 und Boca Raton 4:0 für eine lautstarke und fast heimische Kulisse. Um besonders vielen Fans diese weite Reise zu ermöglichen, hatte der Vorstand des FC Schalke 04 einen Teil der Reisekosten übernommen. „Wir sind ein volkstümlicher Verein“, meinte Peter Neururer, „und wollen auch etwas für unsere Fans tun und ihnen gleichzeitig für ihre Treue danken.“ So nahm sich der Trainer die Zeit, sich intensiv mit uns Schalkern zu beschäftigen. Dieses war bei der gesamten Mannschaft so. „Ein Trainingslager zum Anfassen“, nannte es Trainer Neururer, und die Fans waren dankbar dafür. Durch die vielen neuen Freundschaften und Kontakte, die unsere FanclubJungs in den USA schlossen, erlebte unser Fanclub auch in Gelsenkirchen ein enormes Interesse an unserem Vereinsleben. Reges Treiben herrschte am 6. April an der Geschäftsstelle des FC Schalke 04 vor dem Spiel gegen die Stuttgarter Kickers. Auf Einladung des Vereins trafen sich alle FloridaFahrer. Nachdem alle den 2:0-Sieg der „Blauen“ auf der Haupttribüne miterlebt hatten, ging es geschlossen zum Hotel Verkehrshof. Dort wurde bis in die frühen Morgenstunden gefeiert. Prost: Schalkes Vizepräsident Herbert Schmitz (l.) überreicht Alexandra Schmidt (r.) den Pokal. Doch die gießt erst einmal Sekt hinein. Party-Stimmung: Die Florida-Fahrer mit dem Schalker Publikumsliebling Didi Schacht.

10 1991 Saison 1990 Das passierte„Auf Schalke“ 13. November 1990 Eichberg schmeißt Trainer Peter Neururer raus und verpflichtet Aleksandar Ristic. Der Aufstieg wird drei Spieltage vor Ende durch einen 2:1Sieg gegen Fortuna Köln geschafft. 16. Juni 1991 Dem FC Schalke 04 gelingt nach dreijähriger Abwesenheit wieder der Sprung in die 1. Bundesliga. Adlerauge: SFCV-Geschäftsführer Thomas Holtz. Fairplay: Auf der Tour nach Mainz am 26. Mai 1991. Fanclub-Team: F. Schmidt (stehend v.l.), B. Borgmann, T. Lömker, F. Wellpott, M. Kütemann, A. Kirchhoff, A. Wittemeier und Andreas Mayer; C. Döding (hockend v.l.), W. Bauch, V. Möhring, D. Meerhoff, D. Schmalgemeier, S. Rose; Torwart S. Schulze (liegend). Jubeln Ja – Randale Nein. Auch wir im Fanclub hatten unter unseren Mitgliedern immer wieder gewaltbereite, sogenannte Fans. Es war eine große Aufgabe für unsere Vereinsführung, unter unseren Mitgliedern immer wieder zu predigen: „Wir wollen uns Freunde machen und niemanden vor den Kopf stoßen“. Auch die Schalker Vereinsführung hat immer wieder versucht, die Gewaltbereitschaft der Fans mit Aktionen in den Griff zu bekommen. Unser Vorsitzender Wolfgang Stratenwerth wollte das Handtuch schon schmeißen, doch mit vereinten Kräften ist es uns gelungen, das Gute vom Bösen zu trennen. Unsere Turniermannschaft zog über die Dörfer und verbreitete unter allen Teilnehmern immer wieder beste Stimmung. Höhepunkte waren die Spiele gegen den Nachbar-Fanclub der „Blue Giants“ aus Pr. Oldendorf. Zuerst spielte unsere Mannschaft in eigens angeschafften T-Shirts. Anfang 90 gelang es dann dem Club, den ersten Sponsor zu gewinnen, die „Hamburg-Mannheimer-Internationale“. Dieser Sponsor beteiligte sich bei der Anschaffung eines kompletten Satzes von Trikots, Hosen und Stutzen. Zum „Sponsorenring“ hinzu kam der Getränkemarkt Brandhorst, dessen Name auf den Hosen der Truppe auftauchte. Am 10. September 1990 war es dann soweit. Wir feierten unser einjähriges Bestehen in der Südhemmer Gaststätte „Zum Dorfkrug“. Da waren es schon 60 Mitglieder. Unser Kassierer Reinhard Wilde beklagte immer den schleppenden Beitragseingang. Einzugsermächtigungen sollten eingeholt werden, was sich damals noch als sehr schwierig darstellte. Mit zunehmenden Aktivitäten wurden auch die Vorstandsmitglieder mehr gefordert. Für unseren Kassierer wurde es zu viel, so dass Andreas Mayer dieses Amt bis zur nächsten Wahl kommissarisch mit übernahm. „Auf Schalke“ wurde wieder ein guter Fußball geboten. Zwar trennte man sich vomTrainer, doch das Ziel „1. Bundesliga“ hatten unsere Jungs diesmal nicht aus den Augen verloren. Schalke unterstützte uns beim Feiern. Am Sonntag, den 26. Mai 1991 um 8.00 Uhr, machten wir uns mit dem Busunternehmen Schniering aus Diepenau auf den Weg nach Mainz (1:1). Dort wollten wir schon den frühzeitigen Aufstieg feiern. Leider gelang dieses erst eine Woche später gegen Fortuna Köln (2:1). Die Fair-Play-Tour nach Mainz wurde von Schalke finanziert und vom Schalker Dachverband und der Fan-Initiative begleitet. Unser Torwart Stefan Schulze spendierte den Busfahrern ein 30-l-Fass Bier. Dieses wurde während der Busfahrt geleert. Jubeln Ja – Randale Nein. 2. Bundesliga Platz Verein Tore Punkte 1. FC Schalke 04 64:29 57 2. MSC Duisburg 70:34 53 3. Stuttgarter Kickers 63:32 51 4. FC Homburg 42:37 45 5. 1. FC Saarbrücken 47:30 44 6. Blau-Weiß 90 Berlin 55:42 44 7. SVWaldhof-Mannheim 60:47 42 8. Mainz 05 45:52 41 9. SC Freiburg 54:48 40 10. Hannover 96 49:49 38 11. Fortuna Köln 51:53 37 12. VfB Oldenburg 58:53 36 13. Eintracht Braunschweig 53:52 35 14. VfL Osnabrück 51:55 35 15. Rot-Weiß Essen (Lizenzentzug) 49:52 34 16. SV Meppen 35:42 34 17. Darmstadt 98 46:54 33 18. Preußen Münster 35:59 29 19. TSV Havelse 44:82 19 20. FC Schweinfurth 05 26:95 13

11 Stimmung: Tanja Hallbauer (r.), wie man sie kennt, im Parkstadion. Schallalalalalala: Die Fanclub-Mitglieder auf demWeg nach Schalke zur Aufstiegsfeier im Parkstadion. Parademarsch: Teilnehmer am Umzug durchs Parkstadion am 16. Juni 1991. Fair geht vor: Fanclub-Mitglieder bei der Fair-Play-Tour am 26.Mai 1991. Der 30. November 1990 sollte mal wieder so ein denkwürdiger Tag in unserer Vereinsgeschichte werden. Es war Freitag, und zwar ein bitterkalter. Denn als wir um 17.00 Uhr zum Pokalspiel, Werder Bremen gegen Schalke, aufbrachen, zeigte das Thermometer schon minus 7 Grad. Es war geradezu lebensnotwendig, jede Menge geistreicher Getränke mitzunehmen. Denn wie sagt der Dichter so treffend: Ist der Schädel richtig breit, wird der Himmel blau und weit. Aber der Nachteil solch feuchtfröhlichen Tuns wollen wir natürlich nicht verschweigen. Da ist dieser verdammte Druck auf die Blase, der sich dann in immer kürzeren Abständen einstellt. Immer häufiger ertönt der Notschrei: Fahrer! Fahrer! Anhalten! Im Großen und Ganzen zeigte sich unser Busfahrer Jürgen ja auch ganz kulant. Aber die fürchterlichste Drangperiode setzt bei Bremen-Spielen auf dem 2 – 3 km langen Asterdamm ein. Ist man nicht früh genug von zu Hause weggekommen, steckt man regelmäßig in einem zermürbenden Stau. Pinkelpause! Geht nicht, da vorne stehen die Bullen. Es war zum Verrücktwerden! Endlich, unsere Freunde und Helfer sahen anderswo nach dem Rechten. Nun wurde Jürgen endlich mutig und öffnete die Türen. Mit Begeisterung stürmten fast alle aus dem Bus, um ihrem „kleinen Mann“ ein bisschen was von der Weserlandschaft zu zeigen. Allen voran unser Bernd Kruse. Es war inzwischen schon ziemlich dunkel geworden. Insofern sind Verwechslungen begreiflich. Und Bernd verwechselte auch etwas. Für uns war es nur so, dass Bernd plötzlich völlig vor uns verschwand. Das heißt, nicht ganz! Sein Kopf war noch zu sehen. Bernd hatte, breit wie er war, wie gesagt, die Dunkelheit darf man nicht vergessen, einen schmalen Nebenarm der Weser für einen asphaltierten Fußweg gehalten. Daher der Schritt zu viel. Aus dem Schritt ein Sprung, der Sprung in die Weser. The „Weserspringer“ was born. Am 16. Juni 1990 war es endlich soweit. Wir machten uns zur großen Aufstiegspartie auf den Weg nach Schalke. Vor dem Spiel gegen Darmstadt drehten wir noch eine Runde durchs Parkstadion. Wir hatten uns extra ein Schild angefertigt, um uns auch toll in Szene zu setzen. Die Party ging abends noch in der Stadtschänke in Espelkamp weiter.

12 1992 Saison 1991 1. Bundesliga Das passierte„Auf Schalke“ 1. August 1991 Günter Netzer, bis dahin einige Wochen als Berater Günter Eichbergs tätig, löst Kremers als Manager des Vereins ab. Netzer geht als „Telefonmanager“ in die Schalker Geschichte ein. „Auf Schalke“ lässt er sich nur selten sehen. 27. April 1992 Schalke trennt sich von Manager Günter Netzer und einen Tag später auch von Trainer Aleksandar Ristic. Wieder einmal sitzt Klaus Fischer auf der Schalker Trainerbank. 14. Juni 1992 Udo Lattek wird zur Überraschung aller neuer Trainer der Knappen. Fischer wird die Amateurmannschaft zugewiesen. Im Sommer 1991 trennte sich unser Fanclub vom Vereinslokal „Dorfkrug Südhemmern“ und wechselte auf die andere Straßenseite zur Gaststätte „Zur Post“ bei Bernhard. Hier wurde auch das zweijährige Jubiläum am 14. September 1991 gefeiert. Zuvor waren wir noch„Auf Schalke“, um das 0:0 gegen Bayer Leverkusen zu schauen. Wir hatten große Pläne, endlich unsere eigene Vereinskneipe ins Leben zu rufen. Leider wurde aus all demnichts. Die Kneipemachte einfach zu. Sowar die Idee, nach Hille zu wechseln, genau die richtige. Dieter und Margrit Gieselmann betrieben dort die Gastwirtschaft „Hiller Krug“. Die ersten Kontakte mit Dieter wurden schon in Gelsenkirchen „Auf Schalke“ geknüpft, denn er war ebenfalls am 16. Mai zum Spiel gegen Kaiserslautern nach Schalke angereist. Dieter war ein echter Schalker aus dem Kohlenpott. Nach einem weiteren Treffen bei Gieselmann in der Hiller Gaststätte war klar, der „Hiller Krug“ wird unsere neue Heimat. Einmal im Monat trafen wir uns nun im neuen Vereinslokal, um neue Fanclub-Ideen auszutauschen. Die Inhaber Dieter und Margrit haben es mit ihrer Art und Weise immer verstanden, unsere Schalker bei Laune zu halten. Unsere Fanclub-Mannschaft spielte sich in die Herzen aller Zuschauer. So dauerte es auch nicht lange, bis wir endlich ein paar Sponsoren für einen kompletten Trikotsatz gefunden hatten. Die „Hamburg Mannheimer“ und „Getränke Brandhorst“ sorgten dafür, dass wir unseVorstandssitzung bei Wolfgang Stratenwerth: Holger Finke (v.l.), Andreas Kirchhoff, Christoph Schiller, Andreas Mayer, Wolfgang, Uwe Lamparski, Andreas Noch, Willi Riechmann, Alexandra Schmidt. Neue Trikots: Andreas Mayer (v.l.), Anita Meisolle und Stephan Schlüter. ren ersten Trikotsatz bei Sport Meisolle in Dankersen bestellen durften. Es folgten später noch Trainingsanzüge. Diese wurden von der„Volksfürsorge“ mit finanziert. Auf der Jahreshauptversammlung am 14. Oktober 91wurdeWolfgang Stratenwerth als erster Vorsitzender wiedergewählt, Holger Finke zum zweiten Vorsitzenden, Andreas Mayer zum Geschäftsführer, Andreas Noch zum ersten Kassierer und Andreas Bauch zum zweiten gewählt. Ralf Quellhorst und Reinhard Wilde traten bei der Wahl zum Vorstand nicht wieder an. Dietmar Schlüter wurde zum FanclubFotograf ernannt. Der Beitrag wurde von zwei DM auf vier DM pro Monat erhöht. Platz Verein Tore Punkte 1. VfB Stuttgart 62:32 52 2. Borussia Dortmund 66:47 52 3. Eintracht Frankfurt 76:41 50 4. 1. FC Köln 58:41 44 5. 1. FC Kaiserslautern (M) 58:42 44 6. Bayer Leverkusen 53:39 43 7. 1. FC Nürnberg 54:51 43 8. Karlsruher SC 48:50 41 9. Werder Bremen (P) 44:45 38 10. Bayern München 59:61 36 11. FC Schalke 04 45:45 34 12. Hamburger SV 32:43 34 13. Borussia Mönchengladbach 37:39 34 14. Dynamo Dresden (Ehem. DDR) 34:50 34 15. VfL Bochum 38:55 33 16. Wattenscheid 09 32:44 32 17. Stuttgarter Kickers (N) 31:45 31 18. Hansa Rostock (Ehem. DDR) 31:45 31 19. MSV Duisburg (N) 30:46 30 20. Fortuna Düsseldorf 41:69 24 Championsleague Qualifikation Championsleague UEFA-Pokal/Europa League Europapokal der Pokalsieger UI-Cup/Qualifikation Europa League Absteiger M - Meister der Vorsaison P - Pokalsieger N - Aufsteiger Tabellenlegende 1. Bundesliga

13 Barre Bräu, dein Herz erfreu: Brauereibesichtigung in Lübbecke am 19. Dezember1991. Viele Busfahrten bestimmten mittlerweile das Fanclubleben, so auch die Tour nach Düsseldorf im Oktober 91. Erst schauten wir uns das Eishockey Spiel DEG gegen Riesersee an, und nach einer Übernachtung im Hotel Barcelona ging es am Samstag zum BL-Spiel Fortuna Düsseldorf gegen Schalke 04 (1:1). Der Frühschoppen in der Düsseldorfer Altstadt sollte nicht unerwähnt bleiben. Zurück in der Heimat statteten wir dem Lindenhof in Hille einen Besuch ab. Im November 91 machten wir uns mit Tappe-Reisen auf nach Hamburg. Zur Verblüffung aller setzte Tappe einen tschechischen Busfahrer ein, der als erstes fragte: „Wo muss ich jetzt lang fahren?“ Den ganzen Tag begleitete uns die Ungewissheit; hoffentlich kommen wir wieder heil nach Hause. Da das Spiel in Hamburg mit 2:1 verloren wurde, wollten wir die Fahrt schnell vergessen. Die gute Nachricht ist aber: Zum Glück hat uns dieser Busfahrer seither nicht mehr gefahren. Im Februar 92 fuhren wir mit zwei Bussen auf Schalke gegen Bayern (1:1). Die Saison wurde als Elfter in der Tabelle beendet, und wir spielten weiter imOberhaus. Barre Bräu, dein Herz erfreu. Unsere erste Brauereibesichtigung fand amDonnerstag, den 19.12.1991, statt. Mit dem Bus ging es nach Lübbecke. Beginn war um 13.30 Uhr. Man teilte uns in zwei Gruppen auf. Nach einer Stunde trafen wir uns wieder im Ausschankraum zum gemütlichen Teil. Es wurde oft „die Sau raus gelassen“ und es gab auch reichlich frisch Gezapftes. Weitere Highlights in dieser Saison waren die Dorfumzüge in Südhemmern und Friedewalde. Ein Ladewagen von Alexandra Schmidt wurde auf unsere blau-weißen Farben umgestaltet und diente als Transportmittel. Beide Touren hinterließen in der noch jungen Geschichte unseres Clubs in beiden Dörfern einen guten Eindruck. Turniermannschaft: Am 23. August1991 in Tonnenheide. Wolfgang Stratenwerth (stehend v.l.), Detlef Meerhoff, Andreas Mayer, Wolfgang Bauch, Wolfgang Fröhner und Stefan Schlüter; Stefan Schulze (hockend v.l.), Volker Möhring, Ralf Fiebich, Uwe Lamparski und Detlef Schmalgemeier. Dorfgemeinschaftsfest in Südhemmern: Ralf Quellhorst (stehend v.l.), Friedrich Schmidt, Ralf Duda, Willi Riechmann, Stefan Schulze, Frank Wellpott, Uwe Lamparski, Wolfgang Bauch und Edger Gerding. Stefan Schlüter (hockend v.l.), Andreas Mayer und Holger Finke.

14 Ich schreibe hier in zweifacher Funktion; zum einen als Begründer und Namensgeber des Clubs, zum zweiten als sog. Ehrenvorsitzender. Drei Dinge seien hier vorab klargestellt: Die erste Klarstellung gilt meinem Bekenntnis zum christlichen Glauben. 2. bin ich durch und durch demblauweißen Bazillus verfallen und 3. ist mein Hobby die klassische Musik, die ihre Zentren in Wolfgang Amadeus Mozart und Ludwig van Beethoven hatte und hat. Wer aber war der Überträger des Bazillus „Blau und Weiß, wie lieb ich dich?“ Das war mein fußballverrückter, acht Jahre alter Bruder Günter. Auf unserer großen, grünen Wiese in Elbingerode (Harz) schwärmte er mir 1937 von dem Wunderverein Schalke 04 vor. Selbst, wenn ich zwischendurch die 37-er Initialzündung aus den Augen verlor, blieb Schalke für mich immer, um mit Uli Potowski zu sprechen, ein Phänomen. Es kamen die siebziger Jahre. Da feierte der blau-weiße Bazillus eine fröhliche Auferstehung. Ich begann, regelmäßig auf WDR 2 die Sendung „Sport und Musik“ zu hören. – Ach, was habe ich da bereits um jedes Tor gebangt und gezittert! Es traf mich wie ein Keulenschlag, als Schalke

15 Mein Fanclub am Saisonende 82/83 durch zwei Relegationsspiele gegen Bayer Uerdingen in die 2. Liga absteigen musste. Schalke war in folgender Saison 83/84 übrigens ungemein erfolgreich. Sie, die Saison, endete mit dem Wiederaufstieg in die 1. Liga. Nach dem erneuten Abstieg in der Saison 87/88 musste Schalke drei Jahre in der 2. Liga ausharren. Das letzte Heimspiel der Saison 88/89 fand im Parkstadion vor 66.000 Zuschauern gegen Blau-Weiß Berlin statt, eine für die 2. Liga sensationelle Zahl, die nicht mehr zu toppen war. Durch einen 4:1-Sieg sicherten wir uns kurz vor Saisonende den Verbleib in der 2. Liga. Die Leidenszeit in der 2. Liga endete mit der Saison 90/91. Bis heute sind unsere Schalker nie wieder abgestiegen. Der Trainer der damaligen Zeit hieß übrigens Peter Neururer. Später, als er sich allzu sehr mit dem VfL Bochum identifizierte, dass er sich krausen Phantasien auslieferte, die vor dem Schicksalss p i e l S cha l - ke gegen Bochum in der Saison 06/07 darauf spekulierten, dass Bochum gewinnen sollte und sich die Schalker schon noch die nötigen Punkte holen würden. Ausgerechnet wurden sie durch den bis dahin unbekannten Griechen Gekas in die Knie gezwungen. Die Meisterschaft war plötzlich futsch, nicht erst nach der Niederlage gegen Dortmund, die plötzlich die günstige Gelegenheit sahen, sich an Schalke auf billige Art zu rächen. In dieser Saison – ich spreche jetzt wieder von den Jahren 83/84 – machte ich die erste„Live-Bekanntschaft“ mit dem damaligen Parkstadion. Und das kam so: Meine Frau, die mich sehr liebte, hatte herausgefunden, dass Schalke für ihren Wolfi, wie sie mich zärtlich nannte, mehr war, als nur eine Spinnerei, und sie machte mir eine wunderbare Liebeserklärung. Sie sagte: „Wolfi, du interessierst dich doch so für Schalke. Was hältst du davon, wenn wir zum nächsten Spiel nach Gelsenkirchen fahren und uns ein Zimmer nehmen? – Du guckst dir das Spiel an, und ich besuche den Gelsenkirchener Zoo?“ Das ließ ich mir nicht zweimal sagen. Begeistert stimmte ich zu. Schalke spielte an jenem Tag gegen den MSV Duisburg, dem Tabellenzweiten. Ich werde nie den überwältigenden Eindruck vergessen, den ich zwei Stunden vor Spielbeginn, als ich auf einer der Holzbänke auf der Tribüne Platz genommen hatte. Nicht mehr zu beschreiben ist die Wirkung des satten, ausladenden Grün des Fußballplatzes. Ich war wie verzaubert. Neben mir saßen zwei bekennende Duisburger, die wie vor Freude in die Höhe sprangen. Warum? Dank dem Duisburger Stürmerstar Wohlfahrt gingen die Duisburger mit 0:2 in Führung. Kurz vor dem Halbzeitpfiff schoss Schalke den Anschluss-Treffer zum 1:2. Die Kritiker schrieben: Nach der Halbzeitpause kamen die Schalker wie verwandelt aus der Kabine, und es dauerte nicht mehr lange, da fiel der Ausgleich zum 2:2. Aber es sollte noch toller kommen, denn es fielen noch zwei Siegtore für Schalke. Es stand zum Schluss 4:2. Da kann man nicht meckern! Wie auf Wolken schwebte ich zum Verkehrshof, wo meine Frau schon auf mich wartete. Sie freute sich mit mir über den schönen Erfolg. Die halbe Nacht konnte ich nicht schlafen, zu stark waren die soeben gemachten Erfahrungen mit meinem neu entdeckten Lieblings-Club Schalke 04. Dies war nur der Anfang einer Reihe von Schalke-Fahrten. Da ich nur allein fuhr, ergab es sich, dass zwei bekennende Schalke-Fans aus meinem Dienstort Nordhemmern, Bernd Römling und Henner Lehneke, mitfuhren. Die Stimmung war im kleinen Opel so gut, dass die beiden mir vorschlugen: „Weißt du was, Wolfgang? Wir gründen einen Fanclub, und du wirst Vorsitzender.“ Dies war die Geburtsstunde unseres Fanclubs „Wir lassen die Sau raus“. Soweit ich mich entsinnen kann, gab ich im MT (Mindener Tageblatt) eine Anzeige auf, die Ort (Südhemmern) und Zeitpunkt angab. Der Ort war in Südhemmern die Gastwirtschaft „Dieter Böhning“. Die Gründungsversammlung umfasste 17 Fans, darunter ein 17-jähriges Mädchen, Alexandra Schmidt. Auch unser jetziger Vorsitzender, Holger Finke, der als Vorsitzender einen sehr guten Job macht, gehörte zu den 17 „Erstlingen“ und ist dem Fanclub seit dem 11.09.1989 bis heute treu geblieben. Hier gehen für mich die Daten etwas durcheinander. Unser Geschäftsführer „Taube“ Mayer, der alle wichtigen Daten abgespeichert hat, machte mich auf die Diskrepanz zwischen dem August- und Septemberdatum aufmerksam. Ich lege nur Wert darauf, dass wir uns auf das Gründungsjahr 1989 einigen. Im Übrigen verweise ich auf die einschlägigen Zitate im „Freudengrunzer 1 zum 5-jährigen Jubiläum“, wo diese Problematik ausgiebig abgehandelt wird. Von Holger ist noch nachzutragen, dass er, wie ich, mit einem ganz goldigen Mädchen verheiratet ist, mit Namen Susanne. Aus der Ehe gingen zwei hellblonde Jungen hervor, die ihren Eltern viel Freude bereiten. Den harten Kern unseres heutigen Vereins bildet ein Dreimännerbund: Der Erstgenannte ist der bereits erwähnte 1. Vorsitzende, Holger Finke. Der 2. Mann, der eigentlich von seiner Wichtigkeit her als Erster genannt werden müsste, ist unser Geschäftsführer Andreas Mayer, genannt „Taube“. Ohne ihn wäre der Fanclub längst zusammengebrochen, da er die ganze Organisation lenkt und leitet. Er war der Erste, der unsere Busfahrten zu den Heimspielen, nur um ein gutes Beispiel zu nennen, organisierte, und zwar so, dass keine Klagen mehr kamen, dank Alexandra. Auf sie will ich kurz eingehen: Zugfest sorgte sie dafür, dass unsere Busse bei unserer Vereinskneipe „Gieselmann“ in Hille abgeliefert wurden. Sie scheute sich auch nicht, unsere Jungens im Kommandoton zur Arbeit anzuhalten. Der dritte im Bunde ist unser Andreas Noch. Bei den Busfahrten usw. Wolfgang Stratenwerth, Gründer und Ehrenvorsitzender, erinnert sich

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17 mir, sondern aus gemeinsamer Arbeit im Dachverband von Schalke-Freund Dietmar Biedermann, dem Erfinder der Fan- Zeitschrift „Das Sprachrohr“, die heute noch unter der Obhut von Schalke-Boss Rolf Rojek wächst, blüht und gedeiht. Ich spürte: Der wildgewordenen Sau muss ich noch zwei Sätze hinzufügen: Wir wollen uns Freunde machen und niemanden vor den Kopf stoßen. Der Schalke-Freund Klaus Schröer leitete eine Werbefirma und setzte diese zwei Zeilen zweimal fachmännisch in einem Spruchband um. Die erste Busfahrt Da ich mit Monika und Dieter Bremmert gut befreundet war, wählte ich deren Busfirma. Es wurde der Horrortrip eines Chaotenclubs. Hier hatten offenbar einige gewaltbereite, sogenannte Fans unseren Vereinsnamen „Wir lassen die Sau raus“ als Aufruf zur Randale missverstanden. Ergebnis: Die Polstersitze waren mit blau-weißer Schminkfarbe beschmiert worden, fünf Nothämmer waren entwendet worden, und was das Schlimmste war: leergetrunkene Bierflaschen, von denen reichlich viele konsumiert wurden, wurden nicht in die Bierkästen zurückgestellt. Vertrauend darauf, dass auch die schlimmsten Dinge ihr Ende finden würden, hatte ich vorne neben dem Fahrer Platz genommen. Holger Finke, ein zuverlässiger Kamerad, der hinten die ganze Sauerei mitbekommen hatte, kam nach vorne und erwartete, dass ich dem kümmert er sich um die Finanzen. Er ist auch unser Finanzexperte. Gleichzeitig ist er auch ein wandelndes Lexikon. Wenn ich eine Frage, ein Spiel betreffend, hatte, konnte ich ihn meist am Telefon erreichen und bekam die passende Antwort. Da wir noch bei der Gründungsversammlung sind, muss ich noch zwei Namen erwähnen, und die lauten nicht nur Alexandra Schmidt, sondern auch Reinhard Wilde. Fangen wir mal mit Reinhard Wilde an: Er war ein bekennender SchalkeFreund. Er besaß schon1989 eineumfangreiche Videoaufzeichnungs- Sammlung von möglichst allen Schalke- Spielen, an denen ich meine helle Freude hatte. Um Schalke-Fan zu sein, fehlte ihm ein kleines Quentchen Aggressivität, also ein Hang zur Randale, durch die sich gerade die damaligen Fans „auszeichneten“, weshalb er aber auch nicht ganz dem SchalkeBild entsprach, wie sich die gewaltbereiten Fans einen Schalker vorstellen. Reinhard musste von einigen Schalke-Fans wohl bitter enttäuscht worden sein, weil er nicht der „wilde“ Reinhard war, sondern der grundkorrekte, ordentliche Reinhard Wilde. Etwas Tragik schwingt inmirmit, wenn ich diese Zeilen schreibe. Alexandra Schmidt, die Siebzehnjährige, war das ganze Gegenteil. Sie war mit blau-weißem Wasser getauft, und ihr erstes Wort, das sie im Babyalter von sich gab, war „Lalle“, was unschwer in „Schalke“ übersetzt werden muss. Sie begleitete mich zu vielen Fahrten „auf Schalke“, anstelle von Henner Lehneke und Bernd Römling. Es tut mir heute noch leid, dass der Lehrer, der auf einer Stufe steht mit dem Pfarrer, dem Schauspieler und dem Schwätzer, dass der Schwätzer in mir durchkam und ich sie mit meiner ganzen Aggressionstheorie bekannt machen wollte. Das bringt mich zu der Frage: Wie konnte ich ausgerechnet einem Schalke-Fanclub den Namen „Wir lassen die Sau raus“ geben? Dass ganz nebenbei auch gerade randalierende Jugendliche angelockt werden sollten, hat viele tief enttäuscht, weil das deutlichere Motto „Jubeln Ja, Randale Nein!“ lautete. Das hatte sich noch nicht genügend verbreitet. Dieser gute Slogan stammt übrigens nicht von Treiben ein Ende setzen sollte, indem ich die Randalierer mit scharfen Worten zur Rede stellen sollte. Holger sagte nur zu mir: „Wolfgang, da hinten sieht es aus wie Sau!“ Aber ein tief sitzender Instinkt hinderte mich daran, den „Larry raushängen zu lassen“. Heute sehe ich ganz klar, dass dies eine Frucht aktiver Toleranz meines christlichen Weltbildes war. Ich fühlte mich schlicht überfordert. Der hässlichste und bitterste Beigeschmack dieser ersten Busfahrt war das Ende der Freundschaft mit demBusunternehmen Bremmert. Alle Sympathien, die Dieter Bremmert zu Anfang empfunden hatte, waren durch diese eine Fahrt aufgebraucht. Seine herbe, ungeschminkte Kritik teilte er mir direkt mit. Sie lautete etwa so: „Was habt ihr Chaoten denn mit meinem schönen Bus gemacht? Wenn ich dich, Wolfgang, nicht so gut kennen würde, hätte ich eine Strafanzeige gestellt.“ Und dann wurden unsere Missetaten alle penibel aufgezählt. Ich fühlte mich nicht gut, denn ich stellte mich der Kritik, nur meine Fans nicht. Sie spielten die „beleidigte Leberwurst“. Ich habe mir den Rat unseres Holger Finke zu Herzen genommen. Als wir über den Bericht sprachen, sagte er, weil ich in der Gefahr stehe, mich zu sehr in meine eigenenWorte zu verlieben:„Das muss aber kein Roman werden! Kurz und knapp!“ Ich versuchemit Stichwörternden Schluss meines Berichtes anzupeilen: Da wäre erst mal das Stichwort Euro-Fighter. Die Fans machten daraus einen Song, der auf die Melodie „O my darling, o my darling, o my darling Clementine“ zurückgeht. Der Text lautet: Wir schlugen Trabson, wir schlugen Roda, FC Brügge sowieso, Valencia, Teneriffa, Inter Mailand, das war die Show! Ich wünsche unserem Fanclub weiterhin alles Gute. Euer Wolfgang Stratenwerth Wir schlugen Trabson, wir schlugen Roda, FC Brügge sowieso, Valencia, Teneriffa, Inter Mailand, das war die Show!

18 1993 Saison 1992 Das passierte„Auf Schalke“ 1. April 1993 Eichberg und somit Schalke steht das Wasser bis zum Hals. Der Lizenzentzug droht, zumal der DFB die Auflösung der Marketing-GmbH verlangt, die knapp 20 Millionen Mark Schulden angehäuft hat. Eichberg holt Rudi Assauer als Manager zurück. 16. Oktober 1993 Helmut Schulte, der Lattek im Januar als Trainer abgelöst hat, wird nach einem 1:3 gegen den SC Freiburg und 5:15 Punkten gefeuert. Nachfolger Jörg Berger startet mit einer 1:5-Klatsche in Leverkusen. Einen Tag später tritt Günter Eichberg zurück. 1.Bundesliga Stimmungskanone: Charly Neumann im Hiller Lindenhof, hinten rechts Udo Lattek. Prominenter Besuch: Vom Vorstand des FC Schalke 04 zu Gast am 7. September 1992 im Lindenhof Hille sind Dr. Wehrmann (v.l.), Trainer Udo Lattek und Präsident Günter Eichberg sowie die Spieler Günter Güttler und Yves Eigenrauch. Rechts amMikrofon steht unser Vorsitzender Wolfgang Stratenwerth. Diese Saison war nicht nur in Schalke eine Berg- und Talfahrt, sondern auch für unseren Fanclub. Das Personalkarussell drehte sich gewaltig in Schalke (siehe Kasten). In unserem Fanclub trat Andreas Mayer als Betreuer und Teamchef unserer Fanclubmannschaft zurück. Für ihn war es einfach zu viel geworden, ein Turnier nach dem anderen zu spielen. Auch wurde es immer schlechter, eine gewisse Disziplin in der Truppe zu verbreiten. Gerade das Schalker Dachverband- Turnier in Gelsenkirchen, es sollte wieder zu einemHöhepunkt im Club werden, denn das Endspiel sollte im Parkstadion stattfinden. Doch es fand sich eine Truppe von Spielern im Fanclub, die alles andere als den Siegeswillen mit nach GE gebracht hatte. Als Nachfolger für Andreas versuchten sich Dietmar Schlüter, Detlef Mehrhoff, Wolfgang Bauch und Wolfgang Fröhner. Unsere Mannschaft spielte zwar noch viele Turniere, aber der Fanclub-Geist, der uns in den ersten Jahren immer begleitet hatte, schien ein wenig von uns zu ziehen. Im November 1992 drehte der WDR einen Bericht über uns. Gerade in den Zeiten der Bundesliga-Randale wollten wir zeigen, dass wir anders sind. Man sicherte uns eine faire Berichterstattung zu. Der Beitrag kam recht witzig rüber, weil wir extra für die Dreharbeiten eine echte Sau aus Willi Riechmanns Stall rausgelassen haben. Unsere Stammtische bei Gieselmann und die Busfahrten zu den Schalke-Spielen nahmen erheblich zu, so dass wir immer mehr Mitglieder für diesen Verein gewinnen konnten. Im Sommer 1993 durften wir unseren Vereinswirt Dieter Gieselmann als 100. Mitglied im Fanclub begrüßen. Doch nicht nur die Mitgliederzahl stieg stetig an, auch die Randale-Brüder wurden immer mehr. Gerade unserem 1. Vorsitzenden Wolfgang Stratenwerth machte dieses immer wieder zu schaffen. So sehr er auch bemüht war, es schien ihm nicht zu gelingen. Jubel ja – Randale Nein. Dieses waren immer wieder seine Worte, da er als Grundschullehrer auch eine Verantwortung in der Gesellschaft hatte und auch immer im ruhigen Ton alle Probleme angehen wollte. Er fühlte sich nach einer Abmahnung des Schalker Fanclub-Verbandes gescheitert. Wieder einmal waren einige Mitglieder von uns beim Spiel in Bremen auffällig geworden. Es war nicht mehr wegzudiskutieren, der Fanclub hatte ein Problem. Wolfgang trat am 15. April 1993 von seinem Amt als Vorsitzender zurück. Alle Umstimmungsversuche waren gescheitert. Bis zur nächsten Versammlung übernahm Holger Finke den Vorsitz vom Fanclub. Wir mussten umdenken, denn sonst war der Fanclub nicht mehr zu retten. Es wurde ausgemistet. Alle zur Randale bereiten Leute wurden verwarnt oder direkt angesprochen. Sie mussten ihr Verhalten auf den Busfahrten, im Stadion oder bei Begegnungen mit anders Gesinnten ändern oder den Fanclub verlassen. Zum Saisonausklang wurde noch die Brauerei „Herforder Pils“ besucht. Wir reisten mit dem Bus an, und die Stimmung ließ bei den vielen frischgezapften Bieren nicht lange auf sich warten. In dem Felsenkeller verbrachten wir einige Stunden, und auf dem Rückweg schauten wir auf dem Sportfest in Hille vorbei. Unsere Fanclubmannschaft versuchte, sich dort von der besseren Seite zu zeigen. Ein Trainerwechsel muss nicht immer gleich für den Erfolg stehen. So war es auch beim FC Schalke 04 (Platz zehn). Da war nach oben und nach unten hin noch viel Luft, genauso wie im Fanclub. Platz Verein Tore Punkte 1. Werder Bremen 63:30 48 2. Bayern München 74:45 47 3. Eintracht Frankfurt 56:39 42 4. Borussia Dortmund 61:43 41 5. Bayer Leverkusen (P) 64:45 44 5. Karlsruher SC 58:42 40 7. VfB Stuttgart (M) 56:50 36 8. 1. FC Kaiserslautern 50:40 35 9. Borussia Mönchengladbach 59:59 35 10. FC Schalke 04 42:43 34 11. Hamburger SV 42:44 31 12. 1. FC Köln 41:51 28 13. 1. FC Nürnberg 30:47 28 14. Wattenscheid 09 46:67 28 15. Dynamo Dresden 32:49 27 17. VfL Bochum 45:52 26 17. Bayer Uerdingen (N) 35:64 24 18. 1. FC Saarbrücken 37:71 23

19 Unser Fanclub hatte am 7. September 1992 zum großen Regional- Treffen der Schalke-Fans eingeladen, und die blau-weiße Prominenz ließ sich nicht lumpen. Angeführt vom„Original“ Charly Neumann freuten sich Präsident Günter Eichberg, Trainer Udo Lattek, Rüdiger Höffken, Dr.Wehrmann, die Spieler Günter Güttler und Yves Eigenrauch sowie der Fan- Beauftragte Andreas Steiniger über einen überaus herzlichen Empfang. Mehr als 400 königsblaue Fußball-Fanatiker drängten sich in der überfüllten Gaststätte Lindenhof, um ihre Idole einmal hautnah zu erleben. Schon beim Einmarsch wurden die „Gladiatoren“ von den Kindern der Grundschule Nordhemmern, die eigens zu diesem Anlass ein vom Fanclubvorsitzenden Wolfgang Stratenwerth komponiertes Schalke-Lied vortrugen, begeistert empfangen. Laute „Charly-Charly“- und „Udo-Udo“- Rufe hallten durch den Saal. „Anheizer“ Neumann war von den Sangeskünsten der Kinder so angetan, dass er sie spontan zu einem Heimspiel ins Gelsenkirchener Parkstadion eingeladen hat. Nachdem sich die Woge der Begeisterung wenigstens ein bisschen geglättet hatte, ergriff der 1. Vorsitzende unseres Fanclubs, Wolfgang Stratenwerth, das Wort und sprach sich nochmals ausdrücklich gegen jegliche Art von Krawall aus. Danach lauschten die Anwesenden gespannt denWorten von Schalkes Präsident Günter Eichberg, der in seiner Rede an die schlechten Zeiten des FC erinnerte: „Schalke war abgesackt. Jetzt haben wir wieder einen Zuschauerschnitt von etwa 40 000, steigende Mitgliederzahlen und auch die Anzahl der Fanclubs stieg von ungefähr 60 auf jetzt über 150 an.“ Auch in finanzieller Hinsicht sei, so Eichberg, imGegensatz zu anderen Verlautbarungen aus der Presse, beim FC Schalke 04 alles in Ordnung. Danach hieß es„Fragen frei“ an die Fußball-Gurus. Geduldig standen Trainer Lattek, Eigenrauch und Co. den heißblütigen Anhängern fast zwei Stunden Rede und Antwort. Begehrtestes Thema war natürlich der erste Schalker Sieg seit 20 Jahren bei Borussia Dortmund am zweiten Spieltag. „Einfach unbeschreiblich“ schilderte dann auch das „Portaner Kind“ Yves Eigenrauch seine Eindrücke nach dem historischen Triumph bei den Schwarz-Gelben. StarTrainer Udo Lattek, oft als grauer Wolf verschrien, setzte, nachdem Charly Neumann unter dem frenetischen Jubel der Anhänger schon den Einzug in den UEFACup als Saisonziel verkündet hatte, in der ganzen Euphorie noch einen drauf und versprach den ersten Heimsieg: „Die Nürnberger müssen sich im nächsten Spiel warm anziehen. Der Wolf ist zwar eisgrau, doch das Wolfsblut ist noch kochend heiß“. Klar, dass der Trainer die Fans auf seiner Seite hatte. Und der nächste Knaller gleich hintendran: Freibier auf Eichbergs und Latteks Kosten für alle Anwesenden. Der Saal kochte, die Fans tobten und feierten ein Freudenfest in Blau und Weiß, bei dem sich Lattek bei Autogrammwünschen nicht schreibfaul zeigte und Charly Neumann sich im Kreise „seiner Lieben“ sichtlich wohlfühlte. Den Spielern blieb nur eine Nebenrolle. Der durch die Mindener Fußballschule gegangene Yves Eigenrauchmerkte jedenfalls erst in Hille, wieviel Schalke- Fans es in dieser Gegend gibt. Für den Publikumsliebling war es weiterhin ein unbeschreibliches Gefühl, wenn 30 000 oder 40 000 ein langgezogenes „Yves“ durchs Parkstadion schallen ließen. Hartnäckig fragte zudem ein Fan aus Frotheim nach den Schulden des Vereins. Günter Eichberg, der länger als die Trainer und die Spieler in Hille blieb, antwortete „so ehrlich wie möglich“ und nannte vier Millionen Mark. „Die sind, anders als früher, aber abgedeckt. Nicht nur durch den Marktwert der Spieler, sondern auch durch mich und Rüdiger Höffken. Wenn wir einmal gehen sollten, bleiben dem VereinkeineSchulden.“ Einigkeit: Holger Finke (vorne v.l.), Andreas Mayer, Willi Riechmann, Günter Eichberg und Wolfgang Stratenwerth. Ganz schön was los: Der Kinderchor der Grundschule Nordhemmern zum Empfang auf der Bühne am 7. September 1992 beim Regional-Treffen im Lindenhof Hille.

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